Das Reich der Urartäer
Text Priv. Doz. Mag. Dr. Ursula Schachinger, private Bilder Priv. Doz. Mag. Dr. Ursula Schachinger und Hüseyin Süren
Ankunft und Kennenlernen
Da die Teilnehmer:innen der Urartu-Reise zu unterschiedlichen Zeitpunkten ankamen, trafen wir uns alle erst am Abend und nahmen ein leckeres Abendessen in einem Restaurant über den Dächern der Stadt Van ein.
Hoşap, Çavuştepe, urartäischer Staudamm, Yedi Kilise und die Südwand des Festungsberges von Van
Bereits um 8 Uhr morgens ging es los nach Hoşap, eine ursprünglich urartäische Festung, deren heutige Form auf den Kurdenfürsten Süleyman Bey aus dem Clan der Mahmudi im 17. Jhd. zurückgeht. Zwar ist die Burg geschlossen, doch unser engagierter Fahrer hatte den Schlüssel besorgt, und so konnten wir ihr Inneres und vor allem die imposanten Ausblicke bewundern.
Danach ging es nach Çavuştepe, der von Sarduri II. (753-735) gegründeten Festungsstadt Sardurihinili. Sie lag an der wichtigen Verkehrsverbindung und Heiligen Straße von Tušpa nach Musasir im Zagros (Iran). In der Unterstadt befindet sich der Palast mit Vorratslagern, Zisternen, Werkstätten und dem königlichen Quartier einschließlich Toilette.
Von oben konnte man den urartäischen Bewässerungskanal, der streckenweise noch heute in Benutzung ist, sehen. Wir bewunderten die fortgeschrittene Ingenieurskunst der Urartäer, deren Irrigationssysteme zu einem schnellen wirtschaftlichen Aufschwung führten. Im Anschluss überwanden die konditionsstarken der Gruppe noch die etwa 100 m Anstieg zur Oberstadt mit dem Haldi-Tempel und einer Opferterrasse. Als nächstes fuhren wir durch ein landschaftlich und geologisch (Obsidian) sehr interessantes Tal bis zu einer noch intakten urartäischen Staumauer, durch die bereits von 2800 Jahren ein künstlicher See zur Trinkwasserversorgung und zur Bewässerung der Anbauflächen entstand.
Auf dem Weg passierten wir die Festungsstadt Yoncatepe, die einen friedlichen Anblick in der unbewohnten und zerklüfteten Gegend bot. Danach machten wir einen Zeitsprung in das armenische Mittelalter und besichtigten Yedi Kilise (Kloster Varagavank), wo sich der letzte König des Königreiches Vaschpurakan verewigt hatte. Der Abschluss des heutigen Tages brachte uns noch zum Van-Felsen mit der berühmten Xerxes-Inschrift, jenes mächtigen Königs, der von den Griechen 480/479 v. Chr. besiegt wurde. Nach dem Abendessen gab es noch einen Vortrag zur Geschichte des Königreiches Urartu, eines Reiches, das 200 Jahre lang die Geschichte Vorderasiens entscheidend prägte.
Van Festung, Van Museum, Ayanis, Kaleçik, Meher Kapısı
Am Morgen erklommen wir – nach Entzifferung der Gründungsinschrift des Königs Sarduri I. (832-825) am Fuß des Berges – zunächst die Van-Festung, wo wir die Reste der Hauptstadt des urartäischen Reiches Tušpa besichtigten. Am Festungsberg selbst konnten wir sogar das üblicherweise versperrte Grab von König Agrišti I. (785-753) besichtigen, vor dessen Eingang sich eine Felsinschrift befindet, die von den Taten des Königs zeugt.
Danach besuchten wir das Van Museum, das neben außergewöhnlichen Exponaten einen hervorragenden Überblick über die Geschichte als auch die verschiedenen Lebensbereiche der Urartäer bietet. Vor dem Mittagessen statteten wir noch dem urartäischen Open-Air-Heiligtum Analı Kız einen Besuch ab mit seiner Opferterrasse und der großen Rinne, durch die das Blut der Opfertiere abfloss. Nach zeitgenössischem Brauch rutschen Frauen vor der Hochzeit die Rinne entlang, was einige der Gruppe ausprobierten – allerdings ohne entsprechende Absichten.
Nach der Mittagspause ging es zur späturartäischen Festungsstadt Ayanis, wo wir von einem Assistenten des Grabungsleiters über die neuesten Ergebnisse der Grabungen informiert wurden. Die Stadt wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. durch ein Erdbeben zerstört – für die Archäologie ein Glücksfall, da sämtliche Funde und Befunde in situ angetroffen wurden, das heißt so, wie sie zum Zeitpunkt der Zerstörung und des Verlassens der Siedlung hinterlassen wurden.
Als einen weiteren Höhepunkt des Tages konnten wir nahe Kaleçik ein urartäisches astronomisches Observatorium aufspüren, dessen genauer Platz allerdings nicht leicht zu finden war. Es steht leider nicht unter konservatorischem Schutz, und neu errichtete Wohnsiedlungen kommen ihm bereits sehr nahe, sodass zu befürchten ist, dass wir die letzte Gruppe sind, die es noch antrafen.
Abschließend fuhren wir noch zu dem berühmten Felsentor (Meher Kapısı), das auf das 9. Jahrhundert v. Chr. datiert wird und dessen Inschrift alle Gottheiten des urartäischen Pantheons nennt. Nach dem Abendessen gab es noch einen Vortrag über das Alltagsleben in Urartu „Leben und Sterben bei den Urartäern“.
Kanal Inschriften bei Edremit, urartäischer Bewässerungskanal bei Edremit, Dilkaya, Insel Akdamar, Bitlis Altstadt
Die erste Station des heutigen Tages war ein urartäischer Bewässerungskanal in der Nähe von Edremit, an dem noch zahlreiche Inschriften des Königs Menua (9./8. Jhd. v. Ch.) in situ vorhanden sind. Dies erforderte von uns allerdings einen gewissen Forschungseifer, denn es gibt dort keinen touristisch erschlossenen Weg.
Die nächste Station war Dilkaya, wo sich eine frühbronzezeitliche Siedlung befand, auf der die Urartäer 1000 Jahre später ein Gräberfeld anlegten. Wir fanden an der Stelle noch zahlreiche Keramikfragmente und menschliche Knochenreste. Nun ging es in Richtung Akdamar, wobei wir auf dem Weg dorthin noch einen seldschukischen Friedhof mit interessanten Grabsteinen und einem Kuppelgrab für eine islamische Prinzessin besuchten.
Danach stechen wir in See zum Höhepunkt des heutigen Tages, der berühmten Heiligenkreuzkirche aus dem 10. Jahrhundert auf der Insel Akdamar und ihren schönen Reliefs biblischer Szenen, Pflanzen- und Tiermotiven und Szenen aus dem Palastleben. Sie gehört zu den hervorragendsten Denkmälern der mittelalterlichen armenischen Kunst und Architektur.
Nach dem Mittagessen fuhren wir weiter nach Bitlis und besichtigen die Altstadt mit der Şerefiye Moschee und Medrese aus dem 16. Jahrhundert und der Ulu Camii aus dem 12. Jahrhundert. Schließlich bildete Tatvan den Endpunkt unserer heutigen Tour. Vom Hafen legt die Eisenbahn-Fähre nach Van ab.
Ahlat, Erçiş, Wasserfälle von Muradiye über Tendürek Pass nach Doğubeyazıt
Bereits am Morgen besuchten wir Ahlat mit seinem neu eröffneten Museum, das einen guten historischen Überblick vom Chalkolithikum bis in die osmanische Zeit bietet; einen Schwerpunkt stellt die Antike mit der urartäischen, hellenistischen und römischen Periode dar.
Danach besichtigten wir einen der größten seldschukischen Friedhöfe mit seinen imposanten Stelen aus dem 12.-14. Jahrhundert. Die Grabstelen liefern detaillierte Informationen nicht nur zur Identität der Bestatteten, wie Herkunft, Beruf etc., sondern auch zu den Künstlern. Nicht weitentfernt befindet sich die alte urartäische Siedlung mit ihren in den Felshöhlen.
Danach ging es in Richtung Adılcevaz, wo wir unser Mittagessen mit einem herrlichen Blick auf den See einnahmen. Danach ging es nach Erciş, wo wir zuerst einen weiteren islamischen Friedhof mit Blick auf die im See versunkene osmanische Burg besuchten und im Anschluss im Gelände jene noch in situ befindlichen Inschriften des urartäischen Königs Sarduri II. suchten, die ihn als Errichter eines „Weingartens“ ausweisen, welcher realiter einen wohl 1000 ha umfassenden Weinbau darstellte.
Auf unserer Weiterfahrt nach Doğubeyazıt passierten wir noch die Wasserfälle von Muradiye und Lavafelder am Fuß des 2600 m hohen Tendürek-Passes. Nach dem Abendessen genossen wir noch einen Vortrag über die Geschichte Altarmeniens vom Untergang Urartus bis ins Mittelalter als Vorbereitung für die Besichtigung von Ani.
Doğubeyazıt, Durupınar geological National Park und Camuşlu Köyü
Wir starteten zeitig, da wir an dem heutigen Tag einige Besichtigungen auf dem Programm hatten und zudem eine längere Fahrtstrecke zurücklegen mussten. Zunächst besuchten wir den etwas außerhalb von Doğubeyazıt gelegenen Ishakpaşa Palast, der zwischen 1685 und 1784 vom erbaut wurde und an einer wichtigen Karawanenroute (Seidenstraße) liegt. Mächtig erhebt er sich über der heutigen Stadt.
In der Nähe ist das Grab des kurdischen Dichters und Philosophen Ehmede Xani (1651-1707). Auf dem gegenüberliegenden Hügel lag die urartäische Festung, an deren Fuß sich ein in den Fels gehauenes Kammergrab befindet. Es ist das früheste mit Reliefs ausgestattete urartäische Felsengrab. Das Relief zeigt zwei überlebensgroße Adoranten, die einen Hirsch opfern.
Im Anschluss führen wir in Richtung iranische Grenze, um die „Überreste der Arche Noah“ aufzuspüren, bei denen es sich allerdings um eine durch Erdbeben und Vulkanismus entstandene geologische Formation handelt. Dennoch beschäftigt sich die Bibelarchäologie in regelmäßigen Abständen mit diesem Objekt, um Hinweise auf den Landeplatz der Arche zu finden.
Auf unserer Weiterfahrt nach Kars legten wir nahe dem Dorf Camuşlu Köyü einen letzten Zwischenstopp ein, um die außergewöhnlichen 25.000 Jahre alten Petroglyphen zu bewundern – die Forschung diskutiert allerdings noch immer über deren Alter. Ungeachtet dessen stehen wir wie gebannt in einsamer Landschaft vor dem Fels mit diesen faszinierenden Zeugnissen steinzeitlichen Lebens.
Den Abend verbrachten wir in Kars in einem reizvollen Restaurant, wo viele von uns einen Gänsebraten - die lokale Spezialität – verzehrten. Umso rezivoller war der Abend, als 2 Sänger nach der nur in Kars gepflegten alten aşkılar-Tradition improvisierte „Gstanzl“-Lieder zum besten gab.
Ani, archäologisches Museum und die Altstadt von Kars
Nicht nur Bob Dylans Großmutter stammte aus Kars, auch der preisgekrönte Roman von Orhan Pamuk „Schnee“ machte diese Stadt zum Hauptschauplatz. Nach dem Frühstück fuhren wir nach Ani, der ersten armenischen Hauptstadt seit dem 10. Jahrhundert, in der Vergangenheit die Stadt der „1000 Kirchen“ genannt. Sie befindet sich direkt an der armenischen Grenze.
Erhalten sind die seldschukische Stadtmauer und einige Kirchen aus dem frühen 11. Jahrhundert. Die von dem georgischen Händler Tigran Honents 1215 in Auftrag gegebene Kirche für Gregor den Erleuchter gilt als besterhaltene Kirche mit ihrem noch gut erhaltenen Freskenschmuck. Wir versuchten die Abbildungen nach unserer Bildersprache zu entziffern, was aber nicht immer gelang, da sich die armenische und georgische Tradition von der unsrigen doch in Vielem unterscheidet.
Danach genossen wir bei einem Picknick den typischen Käse von Kasch, Kaschar genannt, eine Art Gruyere, der nur in dieser Region lokal produziert wird. Auf dem Rückweg statteten wir dem archäologischen Museum noch einen Besuch ab. Am Nachmittag erkundeten wir die Altstadt von Kars, dessen Stadtbild sich mit seiner zaristischen Architektur von typischen türkischen Städten sehr unterscheidet. Den Abend verbrachten wir bei einem letzten Vortrag, der uns noch einmal an die eindrucksvollsten urartäischen Kunstwerke erinnerte, und anschließendem „Kamingespräch“ über diverse archäologische Themen.
Abschied
Es heißt Abschied nehmen nach dieser ereignisreichen Reise. Wir fliegen von Kars ab und in Istanbul trennen sich dann endgültig die Wege und jeder fliegt wieder in seine Heimat zurück.
Das Reich der Urartäer - was für eine Reise! Kommen Sie beim nächsten Mal mit?
Wir lernen natürlich aus einer Pionierreise und nehmen kleine Änderungen vor. Die entscheidenste bei dieser Tour ist der Reisezeitpunkt. Die ursprüngliche Reise fand im Oktober statt und ist nun für Sommer geplant. Dann ist es auch im Hochland von Ostanatolien wärmer. Ansonsten werden wir uns auch wieder auf die im Detailprogramm ausgeschriebenen Punkte fokussieren. Trotzdem bauen wir, wie auch bei dieser Reise, sich spontan bietende Möglichkeiten zu Besuchen ein. Sind Sie interessiert? Fordern Sie das Detailprogramm an! >>office@zugvogeltouristik.at
Gerne beantworten wir Ihre Fragen auch am Telefon oder per whatsapp!
Urartäer
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Thematisch wunderbar dazu passend ist natürlich auch die Reise nach Armenien. Denn das Reich Urartu war tatsächlich riesig und erstreckte sich bis an den Urmia-See im Iran und bis zum Sewan-See in Armenien. Doch die Armenienreise punktet auch mit großartigen archäologischen Stätten, christlichen Klöstern in spektakulärer Lage und atemberaubender Landschaft! Auch diese Reise wird von Priv. Doz. Mag. Dr. Ursula Schachinger und einem lokalen Reiseleiter begleitet. Überdies zu einem tollen Preis!
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